Ich habe das Gefühl, wir reden hier aneinander vorbei!
Nochmal:
Ich habe weder geschrieben, noch gemeint, daß
ich als Person im Mitleid versinken und/oder die Aufmerksamkeit auf mich lenken und bemitleidet werden möchte in Form von Omageschichten, Leuten, die „Du tust mir leid“ sagen, Heuchelei, mitleidigen Blicken, getätschelt werden, daß ich eine schlimme Kindheit hatte und was mir hier sonst noch so vorgehalten bzw. in meine Äußerungen hineininterpretiert wird!
Ich habe lediglich die Feststellung getroffen, daß ich Mitleid nicht als negativ sondern als positiv empfinde, weil es z.B. bedeuten kann….siehe meinen ersten Beitrag. Die Betonung liegt hier auf
„z.B. und kann“!
Wenn jemand den Begriff Mitleid lieber durch Mitgefühl ersetzen möchte, why not. Aber im deutschen Sprachgebrauch sagt man nun mal „das tut mir leid, er/sie tut mir leid“ und nicht „ich fühle mit“ wenn man etwas erfährt, das Mitleid/Mitgefühl auslöst.
Ohne Mitleid wäre unsere Gesellschaft in meinen Augen sehr viel weniger lebenswert und zwar nicht nur für CFler; alle sind irgendwie und irgendwann einmal auf Mitleid angewiesen und/oder nutzen Privilegien, die es ohne Mitleid nicht gäbe!
Egal ob Gesetze/Verordnungen (z.B. bezüglich Schwerbehinderung, Pflegegeld, Integration von Behinderten, aber auch Tierschutz, Strafrecht) oder freiwilliges Entgegenkommen (z.B. Rabatte für Schwerbehinderte, Sitze mit Kreuzzeichen in öff.Verkehrsmitteln) und natürlich Hilfe/Selbsthilfeorganisationen ( z.B. kleine Vereine wie cfi/ Muko e.V./ Sternstunden oder „Die Tafel“, Tierschutzvereine und „Riesen“ wie WWF, Unicef ):
All das beruht doch darauf, daß irgendwann irgendwer Mitleid/Mitgefühl für jemanden empfand , sich überlegt hat, wie man Betroffenen helfen kann und gehandelt hat. Ohne das Mitleid als Grundvoraussetzung wären diese Gesetze und Institutionen also gar nicht erst entstanden.
Dazu kommt, daß es auch bei Gesetzen immer Ermessensspielräume gibt; nicht umsonst gibt es –wie man ja auch hier im Forum liest - total unterschiedliche Entscheidungen des MDK, der Krankenkassen, der Versorgungsämter etc.. Und genau bei diesen Ermessensspielräumen kann dann durchaus auch wieder Mitleid ins Spiel kommen…
Mitleid ist doch das, was wir empfinden ( sollten ) wenn wir
z.B. sehen wie Tiere gequält, Kinder mißhandelt, Mitbürger zusammengeschlagen werden aber auch wenn Naturkatastrophen wie Tsunamis/ Erdbeben/ Überschwemmungen wüten oder jemand schwer krank ist/ einen Unfall hat/früh stirbt/verlassen wird.
Was ist denn
z.B. die Folge, wenn Mitleid nicht mehr empfunden/gelebt wird? Eltern, die ihre Kinder mißhandeln, mißbrauchen, verhungern lassen; Jugendliche, die grundlos Leute zusammenschlagen und Leute, die tatenlos zusehen; Kriegsverbrechen; ausgesetzte Tiere; Niedriglöhne / Massenentlassungen; Spendenrückgänge; Selbstmorde………………………………….. Egoismus, Chaos, Verzweiflung, Hilflosigkeit.
Will das jemand? Wollen das Jugendliche/junge Erwachsene???
Was tut man, wenn man Mitleid im positiven Sinn empfindet?
Beispielsweise direkt helfen durch zuhören, trösten, in den Arm nehmen (auch virtuell im Internet „drück dich“ „bin bei dir“ „schick dir good vibrations“ ), durch Hilfestellung bei Behördengängen/im Haushalt, durch Spenden, durch Verteilen von Organspendeausweisen und Sammelbüchsen, aber auch langfristig durch Vereins/Stiftungsgründungen, Organisation von Sponsoren, ehrenamtliche Arbeit, Einsatz in der Politik.
Allgemein gesagt
kann man sicher jeden Begriff positiv oder negativ sehen.
Nehmen wir statt „Mitleid“ „Liebe“: sieht man die Liebe positiv verbindet man sie mit der großen Liebe, der ersten Liebe, der selbstlosen Liebe; sieht man sie negativ denkt man an verlassen werden, Stalker, eifersüchtige, prügelnde Ehemänner. Aber die Liebe verteufeln, wenn man mit ihr eine schlechte Erfahrung gemacht hat? Wer will das schon auf Dauer…warum dann das Mitleid ablehnen?
Jetzt noch einmal speziell zu uns CFlern:
Meiner Meinung nach nutzt jeder von uns irgendwie und irgendwann Dinge/Privilegien, die man nur nutzen kann, weil irgendwer irgendwann Mitleid empfunden und gehandelt hat, z.B.: durchmogeln an der Warteschlange und bessere Plätze im Flugzeug mit Spezialservice (

nicht wahr Cascal ), Integrationskindergärten, Klimakuren, zusätzliche Urlaubstage, Preisnachlässe, Steuervergünstigungen.
Auch für Eltern ist es durchaus nicht selbstverständlich und manchmal auch nicht möglich, sich auch um erwachsen gewordene Kinder noch aufopferungsvoll zu kümmern und sie zu unterstützen; jeder der solche Eltern hat, kann sich vielmehr glücklich schätzen!! Bei solchen Eltern ist es jedoch
in meinen Augen auch immer der Fall, daß sie mit ihrem kranken Kind mitleiden und ihm gerne „etwas abnehmen“ würden und da wir Betroffenen das wissen, haben wir oft regelrecht ein schlechtes Gewissen, versuchen gesundheitliche Probleme herunterzuspielen weil uns wiederum unsere Eltern leid tun und wir sie schonen wollen…
Zum Forum:
Dies ist doch
auch dazu da, sich einfach mal „auszuheulen“/zu jammern und von den ebenfalls Betroffenen Zuspruch und Unterstützung zu erhalten, sonst hätten wir ja das Unterforum „Psychosoziales“ nicht benötigt! Manchmal fühlt man sich danach einfach besser, gerade auch weil man hier einerseits davon ausgeht, daß das von ebenfalls Betroffenen besser verstanden wird und andererseits diese als trotzdem Fremde auch weniger belastet als die Eltern/den Partner/die beste Freundin. Zahlreiche Threads sind ja auch schon in diesem Sinne „gelaufen“.
Erhält man dann speziell noch als Neuzugang stattdessen aber solche Antworten wie „Ich habe eher das Gefühl, dass es euch hier nur um Mitleid geht und auch dies ganze so bemitleidenswert wie nur möglich darstellen wollt.“ „Hier tut mir das Kind erst recht Leid und für euch habe ich überhaupt keine Verständnis.“ (Zitat aus einem anderen Thread) ist das sicher keine Hilfestellung und das finde ich einfach sehr sehr schade! Möglicherweise vergrault man die Leute gleich wieder und das muss doch eigentlich wirklich nicht sein…
Uli,46