Liebe Ines,
weil es mir an dieser Stelle so unter den Nägeln brennt, setze ich hier mal die Übersetzung (als derzeitige Arbeitsfassung) der Zusammenfassung des besagten "Gedanken über die CF-"-Artikels des besagten Prof. Warren J. Warwick (CF-Ambulanz der Uni Minneapolis/Minnesota) unten hin.
Den ganzen Originalartikel findest Du hier:
http://www.muko-l.ownspace.de/WW_Thoughts_On_CF.pdf
Ich füge nochmal hinzu, dass man das sicherlich nicht als ein CF-Evangelium ansehen muss (Warwick selbst schreibt an anderer Stelle:
You should not consider that what I believe about how to treat CF is the “right” and the “only” way CF care should be given.).
Und, Ines, wenn man mit dem Begriff von Krankheit z.B. so umgeht wie Du (
...kann trotzdem positiv denken und leben und empfinde das wort krank nicht als stigmatisierend...), ist es doch auch ok. Was etwas ist, und wie wir etwas benennen... da könnte man sein ganzes Leben philosophieren...
So, jetzt also die...
ZUSAMMENFASSUNG
Gute Gesundheit und die Aussicht auf ein langes Leben mit Cystischer Fibrose hängt von regelmäßiger Vorsorge und ein wenig Glück ab.
Regelmäßige Vorsorge gelingt, wenn fast Gewissheit des Patienten und seiner Familie über folgende Dinge existiert:
1. in ihr eigenes Wissen von CF,
2. in die Fähigkeiten ihrer ärztlichen und sonstigen Sorgetragenden sowie
3. wiederum über deren Hoffnung, dass ihr Gebrauch vorsorgender Maßnahmen tatsächlich die CF-Risiken fast beseitigt und so die Möglichkeiten guter Lebensqualität erhöht werden.
Die Patienten werden mit der Zeit fähig, CF-Vorsorge in das Leben zu integrieren.
Direkt nach der Diagnose der CF sollte diese wie ein medizinischer Notfall behandelt werden, da zum Diagnosezeitpunkt häufig die Weichenstellung des CF-Verlaufs für die Zukunft erfolgt.
Bei den vielen in der Gesellschaft vorhandenen falschen Vorstellungen von der CF, kann schon der Verdacht, dass ein Kind CF haben könnte, zur Panik der Eltern eines kranken Kindes führen.
Diese Bedrängnis, wenn der Verdacht von CF ausgesprochen wird, erklärt zum großen Teil die Unschlüssigkeit der Ärzte, das mit einer Familie zu besprechen, bis endlich vielleicht der Schweißtest die Gewissheit bringt. Diese Unschlüssigkeit kann die Diagnose erheblich verzögern, also kommt der Patient zum CF Zentrum u.U. in einem schlechteren Zustand, als es hätte sein müssen. Je kürzer der Abstand zwischen Verdacht und Bestätigung oder Ausschluss der CF ist, desto besser ist dies auch für die psychische Gesundheit der Familie, und desto kann der CF-Arzt die Familie des neuen Patienten über den folgenden Widerspruch aufklären: diese CF, der größte angeborene „Mörder“ zu Kindeszeiten, ist keine Krankheit (!), sondern nur ein genetischer Zustand, an dem sich Krankheiten bilden können.
Der Grund liegt darin, dass der Wasseranteil in den meistens Absonderungen der Drüsen geringer ist, als er sein sollte. Der entscheidende Teil der Aufklärung liegt darin, dass durch tägliche Vorsorge die Gefahren für den Patienten auf das Maß gebracht werden, die für Menschen gilt, die nicht zwei CF-Mutationen in den Genen besitzen.
Die ersten Stunden nach der Diagnose sollten für die Herstellung eines Bündnisses zwischen Patient, seiner Familie und dem CF-Arzt genutzt werden mit dem Ziel, ein normales Leben für das Kind mit CF zu erreichen.
Der erste Kontakt muss das Ziel haben, in den Köpfen der Familie einige Grundvorstellungen zu verankern: Diese CF wurde durch zwei autosomal-rezessive Gene übernommen und diese CF ist nicht ihr „Fehler“. Unbehandelt hat sie das Potential für einen frühen Tod, die vorbeugende Therapie jedoch ändert diese Prognose.
Die Eltern sollten den Unterschied zwischen genetischer Prädisposition und den erworbenen Komplikationen verstehen, weil bei dieser genetischen Störung allein die erworbenen Komplikationen die Krankheit im klinischen Sinne verursachen und in der Vergangenheit häufig zum Tode führten.
Die Familie eines CF-Kindes muss verstehen, dass viel Forschung betrieben werden muss, dass viele Literaturinformationen völlig veraltet sind und dass die beste Quelle neuer Informationen über Pathologie, Physiologie, Behandlung und Aussicht in den regelmäßigen Ambulanzbesuchen liegt.
Mit den Jahren sollte jeder Kontakt mit dem Patienten diese Konzepte verstärken.
Die Entwicklung jeder möglichen CF-Komplikation ist ein zufälliger Prozess. Dieser wird durch medizinisches, elterliches und geduldiges Verhalten beeinflusst. Im erfolgreichen Heranführen an den Gebrauch der vorsorgenden Maßnahmen liegt die entscheidende Determinante für ein gutes Auskommen.
Im Aufzeigen der Hoffnung, was präventive Therapie zu leisten vermag, liegt die Energiequelle, um die Therapie auch in Zeiten der Entmutigung, der Schwäche und der Belastung fortzusetzen.
Eine große Quelle der Hoffnung liegt auch im Aufzeigen der Erfahrung, die ein CF-Zentrum über die Jahre entwickelt hat: die Eltern des eben diagnostizierten CF-Kindes blicken auf die Teenager und sehen so, dass ihr Kind gesund sein kann, wenn es einmal im jugendlichen Alter ist.
Die Jugendlichen sehen sich um und sehen Patienten oberhalb der zwanzig Jahre, die heiraten und hoffen das gleiche für sich: dass sie sich nach dem Schulabschluss nach einem Partner umsehen.
Patienten in den Zwanzigern sehen Patienten über vierzig, die einem Vollzeitgewerbe nachgehen und langsam den Plan für die Zeit danach entwickeln.
In allen Stadien ihres Lebens könnten die Patienten und deren Eltern zurückschauen und sehen, welche Hoffnung und Hilfe sie den jüngeren Patienten und Familien geben können für deren Bemühungen, CF-Komplikationen zu verhindern und ein normales Leben zu führen.
Wenn die Patienten und deren Familien sich an die vorbeugende Behandlung halten, bestimmen sie ihr Leben und lassen sich nicht von der CF bestimmen.
Patienten, Eltern und CF-Zentren benötigen eine Reihe von Programmen, die an Alter und evtl. Komplikationen ausgerichtet sind, um die passenden Fähigkeiten zu entwickeln und eben ein selbstbestimmtes Leben zu verwirklichen, dass auch nicht durch die CF-Behandlung kontrolliert wird.
Erstens hat eine grundlegende Verhaltenausbildung im ersten Trainingskurs für die Familien der frischdiagnostizierten Kinder zu erfolgen, in dem die Themen Physiologie, Pathologie, Pharmakologie sowie die Behandlungswege und –ziele angesprochen werden.
Zweitens, im nächsten Schritt wird mithilfe eines PC-Programms für Eltern von Vor- und Grundschulkindern an der Erwerbung von Fähigkeiten gearbeitet.
Drittens gibt es einen jährlichen Familientag, der ein Forum für das Testen sozialer Fähigkeiten und Teilen von Erfahrungen genau so bereitstellt wie für die Besprechung von Problemen.
Viertens sind Sommerlager mir anderen Kindern ohne CF zu nennen mit dem Ziel, die Kinder aus der Fürsorge durch die Eltern in die Selbstfürsorge zu überführen.
Fünftens gilt es alle Aspekte zusammenzuführen, z.B. wie Eltern die Selbstsorge zu Hause überwachen und unterstützen, wie man sich auf eine gemeinsamen Aufenthalt mit anderen Schülern vorbereitet, welche ihre eigenen Gesundheitspflegeprobleme haben. Wie man sich auf andere soziale und psychologische Themen einstellt wie Verabredung, Heirat, Arbeitsstellen.
Sechstens müssen zusätzliche Bewältigungsstrategien für jene Patienten verankert werden, die durch die erworbenen Komplikationen behindert werden, damit diese gut für sich sorgen können und unabhängig weiterleben können.
Die erfolgreichen CF-Patienten und deren Familien sind jene, die der CF trotzen, indem sie erkannt haben, dass CF ein vererbtes Risiko darstellt, das zu frühen Erkrankungen führen kann, und zur gleichen Zeit begreifen, wie man die Behandlung von CF so in den Tag einbaut, dass die normalen Tätigkeiten wie Schule, Arbeit, Ehe usw. nicht behindert werden.
Die Patienten können das am besten bewältigen, wenn sie sich in einer Partnerschaft mit ihren CF-Behandlern und Helfern befinden, indem sie über alle genetischen Aspekte sowie die Risiken CF-bezogener Erkrankungen das Wissen vervollständigen, Vertrauen in die verschriebenen Behandlungen und ihre eigene Fähigkeit in der Anwendung dieser, um ihre Lebensziele zu erreichen.
Das Wissen und die Fähigkeiten, die vom CF-Patienten und seiner Familie benötigt werden muss bei jedem Klinikbesuch überprüft werden und einbezogen werden in ein problemorientiertes Fortschreiten der Reihenfolge von der Diagnose über die Erwachsenwerdung bis hin zum hohen Alter.
Bei jedem Klinikbesuch sieht der Arzt einen „neuen Patienten“ und der Patient sieht einen „neuen Arzt“. Beide teilen neues Wissen, Probleme und Fragen, um dieses im Kampf und Sieg über die CF zu nutzen.
Wenn sie zusammenarbeiten, sind sie erfolgreich.